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SPD Ortsverein Huchting-Grolland

Ärztliche Versorgung in Huchting


Foto: Pixabay

Am 15. Oktober 2018 fand eine denkwürdige Sitzung des Beirates Huchting statt. Zu Gast war der Vorstands­vor­sitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bremen, Dr. Jörg Hermann, der zum Thema Ärztliche Versorgung im Stadtteil Huchting referieren und Fragen beantworten sollte. Der Beirat Huchting hört regelmäßig Sachverständige zu unterschiedlichen - durchaus auch kontroversen - Themen an, aber ein derart unprofessionelles Auftreten haben wir noch nicht erlebt. Der Beirat Huchting und das Publikum waren empört von diesem unhöflichen und respektlosen Auftritt. Die SPD-Fraktion im Beirat Huchting hat dies der KV Bremen auch in einer Stellungnahme mitgeteilt.

Viele Bürgerinnen und Bürger nehmen die ärztliche Versorgung im Stadtteil Huchting als unzureichend wahr. Diese sei jedoch ausreichend, referierte  Dr. Hermann anhand einer Powerpoint-Präsentation. Allerdings konnte er leider die Frage nicht beantworten, warum die prozentuale Versorgung des Stadtteils Huchting mit Hausärzten bei einem Versorgungsgrad von 119,2% zwar ausreichend erscheint, die Unterversorgung des Ortsteils Grolland, wo es mittlerweile keine Hausarztpraxis mehr gibt, jedoch in den Planungen der Kassenärztlichen Vereinigung keine Rolle spielt. Noch gravierender ist der Unterschied im Bereich der fachärztlichen Versorgung. Hier einige Beispielen der in der Beiratssitzung genannten Zahlen der KV:

  • Augenärzte: 44% (Huchting) zu 215,9 % (Bremen-Mitte)
  • Frauenärzte: 76,4 % (Huchting)  zu 660% (Bremen-Mitte)
  • Hautärzte: 85,1% (Huchting)  zu 355,1 (Bremen-Mitte)
  • Psychotherapeuten: 48,9% zu 579,1% (Bremen-Mitte)
  • Orthopäden 81,4% (Huchting)  zu 733,3 (Bremen-Mitte)

Kern des Problems ist: Die KV Bremen plant nicht kleinräumig. Die Stadt Bremen insgesamt ist ausreichend versorgt, doch einige Gebiete – insbesondere die sozial schwachen – bleiben auf der Strecke. Ein im Publikum anwesender Huchtinger Arzt machte in seinem Wortbeitrag deutlich, wo aus seiner Sicht die Gründe liegen: Eine spezialisierte Praxisgemeinschaft in Schwachhausen zu gründen und dort bestimmte lukrative Eingriffe am Fließband vorzunehmen, sei allemal einträglicher als eine fachärztliche Grundversorgung der Bevölkerung.

Die fadenscheinigen Argumente von Dr. Hermann lauteten u.a., dass junge Ärzte keine Existenz in Bremen gründen wollten, weil ihren Kindern das Bremer Bildungssystem nicht zumutbar sei. Außerdem müsse Bremen Medizinern die Ansiedlung mit finanziellen Starthilfen schmackhaft machen. Sein Zahlenmaterial war unprofessionell aufbereitet. Der Referent verglich die prozentuale Versorgung der einzelnen Stadtteile miteinander, ohne Bezug auf die demographischen und sozioökonomischen Faktoren zu nehmen. Er bezeichnete Patienten, die lange Wege nicht bewältigen, Bus und Bahn aber nicht bezahlen könnten, wörtlich als „Hartzer“ und titulierte den Huchtinger Arzt im Publikum als „Gutmenschen“.

Wir kritisieren die Bedarfsplanungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bremen und halten an folgenden politischen Forderungen fest:

  • Die KV Bremen hat laut SGB V den Auftrag, eine flächendeckende medizinische Versorgung der Bevölkerung durch Vertragsärzte zu  garantieren. Wir fordern sie auf, das Instrument der gesetzlichen Zulassungsbeschränkungen anzuwenden, um perspektivisch Versorgungsspitzen in einigen Stadt- oder Ortsteilen abzubauen, um z.B. der Unterversorgung der rund 3.250 Einwohner Grollands zu begegnen, von denen 1.000 älter als 65 Jahre sind und die keinen Hausarzt im Ortsteil haben.
  • Wir erwarten, dass die KV Bremen zeitnah zu einer kleinräumigen Bedarfsplanung übergeht und zukünftig engen Kontakt zum Ortsamt Huchting hält und dieses regelmäßig unaufgefordert über die Altersstruktur der im Stadtteil Huchting praktizierenden Ärzte informiert. Das würde die Möglichkeit eröffnen, frühzeitig nach Lösungen zu suchen, bevor Praxen aus Altersgründen geschlossen werden.
  • Da eine Ansiedlung von Ärzten in Grolland und anderen Bremer Ortsteilen mit vergleichbaren Versorgungsengpässen nicht von heute auf morgen realisierbar ist, erwarten wir kreative Lösungen für die Mitbürger, die aufgrund von Alter, Armut oder Mobilitätseinschränkungen keine Fahrten zum nächsten Arzt bewältigen können, u.a. einen von den Kostenträgern organisierten und finanzierten Fahrdienst.